Kreativtechniken sind fast so vielzählig und verschieden wie es kreative Köpfe gibt. Im Kern geht es jedoch immer um dasselbe: Impulse zu setzen, um über die üblichen Denkmuster hinauszugehen und andere Blickwinkel einzunehmen.

Kreativtechniken sind in Agenturen ein täglich genutzes Werkzeug. Sie funktionieren aber genauso in Dienstleistungs- oder produzierenden Unternehmen, um neue Ideen zu generieren oder Mitarbeiter zu unterstützen, sich über die gewohnten Denkmuster hinaus zu bewegen. Wer nicht mit dem lehrmeisterlichen Zeigefinger seine Mitarbeiter zu kreativerem Denken bewegen möchte, kann sich dieser spielerischen Methoden bedienen und Mitarbeiter auf eine Art und Weise motivieren, die Spaß macht.

Wir stellen daher heute das Ideen-Bingo vor. Diese Kreativtechnik zielt darauf, Themen zu generieren, die durch zufällige Verknüpfungen von bekannten Themenkomplexen, neue Querverbindungen schaffen. Gleichzeitig setzt Ideen-Bingo einen festen Rahmen für Kreativität. Thomas & Martin Poschkau schreiben in Ihrem Buch „Nea Machina – Die Kreativ Maschine“, dass das Gestalten ohne Kreativraum, ohne haltgebende Begrenzung oft verpuffte – es entstehen viele Ideen, viele Schnellschüsse, aber kaum eine Idee wird zu Ende gebracht.
Das Gegenteil davon, ein enggefasster Kreativraum wie z. B. bei Kundenaufträgen, ist genau so wenig zielführend. Ein konzentriertes Abarbeiten am Thema bringt zwar manchmal solide Ergebnisse, es führt jedoch nicht dazu, dass Mitglieder eines Entwicklungteams auch nur annähernd an ihre kreativen Grenzen oder darüber hinaus gehen. Das Ideen-Bingo, so einfach und schlicht es erscheinen mag, erschließt in einem festgesetzten Rahmen freie Räume für kreatives Arbeiten über den gewohnten Horizont hinaus.

Wie genau funktioniert das: Es werden zwei Oberbegriffe definiert, die die thematischen Achsen bilden. Unser frei gewähltes Beispiel: Wir setzen auf die x-Achse den Begriff „Unerforschte Regionen“ und auf die y-Achse „visuelle Ausdrucksformen“. Die Themen müssen, wie das Beispiel zeigt, inhaltlich nicht viel miteinander zu tun haben, – im Gegenteil: Je weniger die Themen im echten Leben miteinander zu tun haben, umso spannender wird das Spiel.

Im Fall einer Auftragsarbeit werden auf einer der Themenachsen immer die Inhalte des Auftraggebers oder Anforderungen an ein neues Produkt oder eine Dienstleistung ausgespielt.
In unserem Beispiel verwenden wir als Rahmen das Thema „Visuelle Ausdrucksformen“ (unsere Arbeitswerkzeuge) und kombinieren es mit einer Begrifflichkeit, mit der wir unsere Zielgruppe beschreiben. Unsere Zielgruppe, also unsere Kunden, ordnen wir als Neulandentdecker, Voranschreitende, Vordenker oder Forscher ein, da die Entwicklung bzw. Überarbeitung einer Marke oder eines neuen Corporate Designs immer bedeutet, sich zu verändern, etwas Neues zu beginnen, was mit Innovationsgeist zu tun hat, aber auch mit sehr viel Mut verbunden ist, unbekanntes Terrain zu betreten. Somit steht auf unserer zweiten Achse „Unerforschte Regionen“.

Das Grundprinzip des Spiels ist recht einfach: Man erstellt eine Matrix (=Bingofeld) mit diesen zwei Achsen. Auf jeder Achse werden nun eine bestimmte Anzahl an Begriffen zu dem zuvor bestimmten Oberbegriff eingetragen. Wichtig ist darauf zu achten, dass die zwei Achsen genügend Felder ergeben, sodass alle Beteiligten die Chance haben ein Themenfeld zu bekommen.
In unserem Beispiel haben wir die Achsen mit diesen Themen befüllt:
X-Achse – Oberbegriff „Unerforschte Regionen“: Tiefsee – Weltall – Eis
Y-Achse – Oberbegriff „visuelle Ausdrucksformen“: Textur – Typografie – Ikonografie

Daraus ergeben sich neun Themenkombinationen, z.B. Tiefseetextur, Tiefseetypografie, Weltraumikonografie, Eistypografie, …

Wer welches Thema bekommt kann man dem Zufall überlassen, z.B. durch Würfeln.
Indem sich nun jeder mit einer dieser Kombinationen oder Wortneuschöpfungen auseinander setzt, entstehen zunächst scheinbar abstruse, surrealistische Themenkomplexe, die aber zu völlig neuen Denkweisen führen. So werden vorher undenkbare Kombinationen plötzlich denkbar oder noch nie gesehenes plötzlich visuell be-greifbar.

Beispiel Eisikonografie
Zunächst klären wir, was genau Ikonografie bedeutet. Ikonografie ist eine wissenschaftliche Methode der Kunstgeschichte, die sich mit der Bestimmung und Deutung von Motiven in Werken der bildenden Kunst beschäftigt. In unserer Arbeitswelt verwenden wir Ikonografie mit der Übersetzung von bestimmten inhaltlichen Aussagen (Bedeutung) in eine Bildsprache, – also der umgekehrte Weg.
Welche Bedeutungen finden wir also im Eis, die sich bildhaft ausdrückt? In der Schneeflocke finden wir eine klar definierte kristalline Form, die nur dem Schnee zugeordnet werden kann: Der sechsarmige Stern. Schnee tritt aber in verschiedensten Formen auf, so kennt nicht nur die finnische Sprache unterschiedliche Wörter für Schnee. Auch in der deutschen Sprache gibt es unterschiedliche Bezeichnungen für verschiedene Schneearten. Die kristalline Form ist dabei immer dieselbe. Was macht den Schnee also zum Pulverschnee oder zum Nassschnee? Das ist noch einfach zu beantworten. Schnee wird aber auch über seine Erscheinungsform an bestimmten Orten definiert wie z.B. der Waldschnee oder über die visuelle Wahrnehmung wie Glitzerschnee oder aber auch über sein Erscheinen als Naturphänomen wie der Überaschungsschnee, der sehr plötzlich kommt. Dies haben wir in Icons visualisiert und frei interpretiert.

Beispiel Tiefseetypografie
Typografie ist Schrift und Schrift ist visualisierte bzw. codierte Sprache. Wesen, die in der Tiefsee leben verfügen ebenfalls über eine codierte Sprache, die bei einigen über Leuchtimpulse funktioniert. Frei übersetzt können diese Leuchtimpulse als deren „Schrift“ gelesen werden. So haben wir in der Tiefsee vorkommende Lebensformen visualisiert und ihre Leuchtcodes dargestellt.